Marie Brennan plündert regelmäßig ihr wissenschaftliches Fachwissen in Anthropologie, Archäologie und Völkerkunde für schriftstellerische Zwecke. Sie schrieb mehr als vierzig Kurzgeschichten
sowie zahlreiche Fantasyromane. Mit "Die Naturgeschichte der Drachen", dem ersten Band der Reihe "Lady Trents Memoiren", erscheint ihr vielversprechendster Titel erstmalig in deutscher Sprache.
Das Cover ist wirklich ein Blickfang. Der Drache darauf und die anatomische Darstellung haben sofort mein Interesse geweckt. Die Zeichnung ist wirklich unglaublich detailliert und wunderschön. Es
passt wirklich perfekt zum Inhalt und zum Titel!
Das Buch war Mal etwas wirklich anderes. In der Welt von Isabella ist die Existenz von Drachen völlig normal, jedoch nicht sehr erforscht. Das Setting von Isabellas Heimatland erinnert an ein
England des 19. Jahrhunderts. Das Buch ist so geschrieben wie echte Memoiren, die Isabella selbst über ihr Leben und ihre Drachenforschung verfasst hat. Inzwischen ist sie eine alte Frau und
schreibt diese Worte nieder, in denen sie davon erzählt, wie sie als Kind eine Neugier für Drachen entwickelt hat und hauptsächlich, was auf ihrer ersten Reise zur Erforschung von Drachen
passiert ist. Zunächst wird der Leser darüber in einem Vorwort von Lady Trent aufgeklärt. Dann beginnt sie mit der Erzählung. Man hat wirklich das Gefühl, dass die Figur selbst dies geschrieben
hat. Und sie ist unglaublich humorvoll, stark und aufgeschlossen. Besonders für die gesellschaftlichen Konventionen, die zu ihrer Zeit herrschen, als die junge Isabella den Wunsch verspürte, mehr
als nur eine junge Ehefrau zu sein. Ihrer Leidenschaft nachzugehen. Diese Entschlossenheit, Stärke und Andersartigkeit habe ich an ihr sehr zu schätzen gelernt.
"Es ist, als sei ein Drache in mir. Ich weiß nicht, wie groß sie ist. Vielleicht wächst sie noch. Aber sie hat Flügel und Kraft und ich kann sie nicht in einem Käfig halten. Sie
wird sterben. Ich werde sterben. Ich weiß, dass es nicht bescheiden ist, solche Dinge zu sagen, aber ich weiß, dass ich zu mehr fähig bin, als mir das Leben in Scirland erlauben
würde. Selbst wenn es hart ist, selbst wenn es gefährlich ist. Das ist mir egal. Ich muss sehen, wohin mich meine Flügel tragen können." -Isabella, S.177
Auch ihr Ehemann Jacob, der sie in diesem Wunsch, zunächst widerstrebend, aber letztendlich voll und ganz unterstützt, ist ein sehr toller Charakter. Die Beziehung zwischen den beiden ist
zunächst unsicher aber wird im Verlauf der Zeit immer stärker und liebevoller. Er ist mir sehr sympatisch und er ergänzt die Geschichte meiner Meinung nach sehr gut.
"Ich will nicht, dass du dahinsiechst, Isabella. Wenn es meine Aufgabe als dein Gatte ist, mich um dich zu kümmern, dann werde ich das tun - indem ich dir das Leben schenke, das du
brauchst." -Jacob, S.178
Der Schreibstil ist ungewöhnlich, aber dennoch leicht zu lesen, wenn man sich daran gewöhnt hat. Das ging bei mir sehr schnell, nach dem ersten Kapitel war ich in den Bann gezogen. Und er
passt perfekt. Die Art sich auszudrücken ist zum einen genau der "Zeit" entsprechend und zum anderen kommt der Charakter von Isabella sehr gut hervor. Es gibt immer wieder Sätze, die sich an den
Leser richten, in denen sie auf etwas hinweist oder ähnliches. Besonders das verstärkt das Gefühl einer Autobiographie, was mir sehr gefallen hat.
Zwei kleine Punkte habe ich jedoch zu kritisieren. Die Geschehnisse spielen in einem fernen Land, in Vystrana, in dem es viele mir nicht bekannte politische Eigenheiten gibt. An sich finde ich
sowas in Geschichten nicht schlimm. Hier gab es jedoch viele Bezeichnungen, die nicht ausreichend erklärt wurden, sodass ich oft nicht wusste, um was es gerade geht. Auch die Namen der Personen
waren ziemlich ungewöhnlich und so konnte ich mir diese in Kombination mit deren Funktion noch schlechter merken als ohnehin schon.
Auf eine Sache hatte ich mich besonders gefreut: die Drachen. Leider kamen diese für meinen Geschmack nicht genug vor. Es gab zwar die eine oder andere Szene, in denen Drachen vorkamen, jedoch
eher aggressiv und im Angriff oder leider tot. An sich ist es bei solch gefährlichen Tieren wohl notwendig, diese zur genauen Untersuchung zu töten bzw ein totes Tier zu untersuchen. Leider habe
ich mir mehr Aktionen mit lebendigen Drachen erhofft, als im Endeffekt vorkamen. Hauptsächlich ging es viel um politische oder illegale Aktivitäten, die im Vordergrund der Geschichte standen. Der
eigentliche Kontakt mit Drachen war in diesem Buch nicht der hauptsächliche Fokus.
Die Geschichte war zwar größtenteils ruhig aber auch spannend und ich wollte wissen, wie es weitergeht. Auch das Ende finde ich letztendlich gut gelungen und actionreich. Ich habe auf jeden Fall
Lust den nächsten Teil zu lesen, um Isabella und ihre Forschungen weiter zu begleiten.
"Der Drache in meinem Herzen rührte sich, breitere seine Schwingen aus, als würde er sich daran erinnern, dass man sie zum Fliegen benutzen konnte." -Isabella, S. 393
Ein einzigartiges Fantasybuch mit viel Humor und Einfallsreichtum. Ich hätte mir noch ein bisschen mehr Drachen gewünscht, aber trotzdem freue ich mich auf den nächsten Teil und die neuen
Abenteuer von Isabella.